Die von Votivbildern und Volkskunst abgeleiteten, im vor-expressionistischen Duktus gemalten Mädchenakte, nordischen Landschaften oder totem-artigen Betonköpfe des Indonesiers Matthias Tedjasukmana sind psychologisch gesehen wie ein Wühlen in Eingeweiden. Seine Figuren tragen eincollagierte Gesichter von Kindern, Mordopfern oder Frauen, die der Künstler aus dem Fernsehen abfotografiert hat.
In seiner ersten Einzelausstellung im hinterconti präsentiert er u.a. Arbeiten aus seiner aktuellen Werkreihe „Memoriam“, die aus der Übermalung und Auslöschung älterer Gemälde entstanden sind. Auch hier wird deutlich, dass es dem Künstler um die Abbildung psychischer Vorgänge geht.
Untermalt wird die Ausstellung von den verzerrten Alptraumklängen von MASSA Schauffele, einem langjährigen Weggefährten des Künstlers, der am Eröffnungsabend ein kurzes, aber feines Konzert (death industrial) aufführen wird.
AN DIE SCHWACHEN Weil ihr schwach seid, habt ihr uns Halbstarke genannt, und damit verdammt ihr eine Generation, an der ihr gesündigt habt, weil ihr schwach seid. Wir gaben euch zwei Jahrzehnte Zeit, uns stark zu machen, stark in der Liebe und stark im guten Willen, aber ihr habt uns halb-stark gemacht, weil ihr schwach seid! Ihr habt uns keinen Weg gewiesen, der Sinn hat, weil ihr selber den Weg nicht kennt und versäumt habt, ihn zu suchen, weil ihr schwach seid. Euer brüchiges «Nein» stand windschiefvor den verbotenen Dingen, wir brauchten nur etwas zu schreien, dann nahmt ihr das «Nein» weg und sagtet «Ja», um eure schwachen Nerven zu schonen, und das nanntet ihr «Liebe»! Weil ihr schwach seid, habt ihr euch von uns Ruhe erkauft, solange wir klein waren, mit Kinogeld und Eis, nicht uns habt ihr damit gedient, sondern euch und eurer Bequemlichkeit, weil ihr schwach seid: schwach in der Liebe, schwach in der Geduld, schwach in der Hoffnung und schwach im Glauben! Wir sind halbstark, und unsre Seelen sind halb so alt wie wir, wir machen Radau, weil wir nicht weinen wollen nach all den Dingen, die ihr uns nicht gelehrt habt. Wir können rechnen und lesen, und man wies uns an, die Staubgefäße von Buschwindröschen zu zählen, wir wissen, wie Füchse leben und kennen den Bau vom Ackerschachtelhalm. Wir haben auch gelernt, stillzusitzen und den Finger zu heben, um vom Fuchs und Buschwindröschen zu erzählen, aber in der Stadt gibt es keine Buschwindröschen und keine Füchse, und wie man dem Leben begegnet, habt ihr uns nicht gelehrt! Wir möchten sogar an Gott glauben, an einen unendlich starken, der alles versteht, und der will, daß wir gut sind. Aber ihr habt uns keinen Menschen gezeigt, der gut ist, weil er an Gott glaubt, ihr habt mit Andacht Geld verdient und Totoergebnisse wie Gebete gemurmelt! Steck die Pistole weg, Herr Wachtmeister, und sag uns, was sich zu tun lohnt. Liebst du wirklich die Ordnung, der du hier dienst, oder Hebst du dein Recht auf Gehalt und Pension? Zeig, ob du stark bist im Menschsein, Herr Minister, wieviel gute Taten begehst du im Verborgenen als Christ? Sind wir nicht Zerrbilder eurer verlogenen Existenz? Wir machen offenen Lärm und randalieren, Ihr aber kämpft gnadenlos im Verborgenen, einer gegen den anderen. Ihr dreht euch geschäftlich den Hals um, intrigiert um besser bezahlte Posten. Zeigt uns für jeden von uns, der Lärm macht, einen von euch, der im stillen gut ist, laßt, anstatt mit Gummiknüppeln zu drohen, Männer auf uns los, die uns zeigen, wo der Weg ist; nicht mit Worten, sondern mit ihrem Leben, aber ihr seid schwach, die Starken gehen in den Urwald und machen Neger gesund, weil sie euch verachten, wie wir. Denn ihr seid schwach, und wir sind halbstark! Mutter, versuch zu beten; denn die Schwächlinge haben Pistolen!
(Fon einem unbekannten Halbstarken)
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in 2015, Ausstellungen. Bookmarken: Permanent-Link. Momentan ist weder das Kommentieren noch das Setzen eines Trackbacks möglich.
WHITE FORTRESS 7.3.2015
MATTHIAS TEDJASUKMANA
WHITE FORTRESS
Malerei
7.3. – 9.3.2015
opening: samstag, 7.3.2015 20:00
live concert // death-industrial // black leather with MASSA (ex-NEKROMASTER a.D.)
https://soundcloud.com/massahansa
Die von Votivbildern und Volkskunst abgeleiteten, im vor-expressionistischen Duktus gemalten Mädchenakte, nordischen Landschaften oder totem-artigen Betonköpfe des Indonesiers Matthias Tedjasukmana sind psychologisch gesehen wie ein Wühlen in Eingeweiden. Seine Figuren tragen eincollagierte Gesichter von Kindern, Mordopfern oder Frauen, die der Künstler aus dem Fernsehen abfotografiert hat.
In seiner ersten Einzelausstellung im hinterconti präsentiert er u.a. Arbeiten aus seiner aktuellen Werkreihe „Memoriam“, die aus der Übermalung und Auslöschung älterer Gemälde entstanden sind. Auch hier wird deutlich, dass es dem Künstler um die Abbildung psychischer Vorgänge geht.
Untermalt wird die Ausstellung von den verzerrten Alptraumklängen von MASSA Schauffele, einem langjährigen Weggefährten des Künstlers, der am Eröffnungsabend ein kurzes, aber feines Konzert (death industrial) aufführen wird.
AN DIE SCHWACHEN
Weil ihr schwach seid, habt ihr uns Halbstarke genannt,
und damit verdammt ihr eine Generation,
an der ihr gesündigt habt,
weil ihr schwach seid.
Wir gaben euch zwei Jahrzehnte Zeit, uns stark zu machen,
stark in der Liebe und stark im guten Willen,
aber ihr habt uns halb-stark gemacht,
weil ihr schwach seid!
Ihr habt uns keinen Weg gewiesen, der Sinn hat,
weil ihr selber den Weg nicht kennt
und versäumt habt, ihn zu suchen,
weil ihr schwach seid.
Euer brüchiges «Nein» stand windschiefvor den verbotenen Dingen,
wir brauchten nur etwas zu schreien,
dann nahmt ihr das «Nein» weg und sagtet «Ja»,
um eure schwachen Nerven zu schonen,
und das nanntet ihr «Liebe»!
Weil ihr schwach seid, habt ihr euch von uns Ruhe erkauft,
solange wir klein waren, mit Kinogeld und Eis,
nicht uns habt ihr damit gedient, sondern euch
und eurer Bequemlichkeit,
weil ihr schwach seid:
schwach in der Liebe, schwach in der Geduld,
schwach in der Hoffnung und schwach im Glauben!
Wir sind halbstark, und unsre Seelen sind halb so alt wie wir,
wir machen Radau, weil wir nicht weinen wollen
nach all den Dingen, die ihr uns nicht gelehrt habt.
Wir können rechnen und lesen,
und man wies uns an,
die Staubgefäße von Buschwindröschen zu zählen,
wir wissen, wie Füchse leben und kennen den
Bau vom Ackerschachtelhalm.
Wir haben auch gelernt, stillzusitzen und den Finger zu heben,
um vom Fuchs und Buschwindröschen zu erzählen,
aber in der Stadt gibt es keine Buschwindröschen
und keine Füchse,
und wie man dem Leben begegnet,
habt ihr uns nicht gelehrt!
Wir möchten sogar an Gott glauben,
an einen unendlich starken, der alles versteht,
und der will, daß wir gut sind.
Aber ihr habt uns keinen Menschen gezeigt,
der gut ist, weil er an Gott glaubt,
ihr habt mit Andacht Geld verdient
und Totoergebnisse wie Gebete gemurmelt!
Steck die Pistole weg, Herr Wachtmeister,
und sag uns, was sich zu tun lohnt.
Liebst du wirklich die Ordnung, der du hier dienst,
oder Hebst du dein Recht auf Gehalt und Pension?
Zeig, ob du stark bist im Menschsein, Herr Minister,
wieviel gute Taten
begehst du im Verborgenen als Christ?
Sind wir nicht Zerrbilder eurer verlogenen Existenz?
Wir machen offenen Lärm und randalieren,
Ihr aber kämpft gnadenlos im Verborgenen, einer gegen den anderen.
Ihr dreht euch geschäftlich den Hals um,
intrigiert um besser bezahlte Posten.
Zeigt uns für jeden von uns, der Lärm macht,
einen von euch, der im stillen gut ist,
laßt, anstatt mit Gummiknüppeln zu drohen,
Männer auf uns los, die uns zeigen, wo der Weg ist;
nicht mit Worten, sondern mit ihrem Leben,
aber ihr seid schwach, die Starken gehen in den Urwald
und machen Neger gesund,
weil sie euch verachten, wie wir.
Denn ihr seid schwach, und wir sind halbstark!
Mutter, versuch zu beten;
denn die Schwächlinge haben Pistolen!
(Fon einem unbekannten Halbstarken)